Dtsch Med Wochenschr 2000; 125(12): 344-347
DOI: 10.1055/s-2007-1024177
Originalien

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schwere Komplikationen durch Nichtbeachtung der Endokarditisprophylaxe während zahnärztlicher Eingriffe bei Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern

Severe complications caused by failure to practise prophylaxis against bacterial endocarditis during dental work in adults with congenital heart diseaseM. Vogel, W. Knirsch, P. E. Lange
  • Abteilung Angeborene Herzfehler, Deutsches Herzzentrum Berlin
Further Information

Publication History

Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung:

Grundproblematik und Fragestellung: Trotz neuer Richtlinien zur Endokarditisprophylaxe gibt es besonders bei Zahnärzten immer noch Unklarheit darüber, welche zahnmedizinischen Eingriffe einer Prophylaxe bedürfen. In dieser retrospektiven Untersuchung sollte geklärt werden, wie viele Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern während eines Jahres an Endokarditis erkrankten und welche Zusammenhänge mit einer Prophylaxe bestanden.

Patienten und Methoden: Die Krankenakten und Karteikarten aller Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern, die während eines Jahres ambulant oder stationär betreut worden waren, wurden retrospektiv durchgesehen, um Fälle mit Endokarditis zu identifizieren. Darüber hinaus wurden alle Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern, die aus anderen Gründen als einer Endokarditisbehandlung stationär aufgenommen worden sind, anläßlich des Aufenthaltes über ihre Kenntnisse zur Endokarditisprophylaxe befragt.

Ergebnisse: Von den 456 befragten Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern wußten 351 (78 %) über die Endokarditisprophylaxe Bescheid. Eine Endokarditis trat bei drei Patienten auf, in allen drei Fällen nach einem Zahnarztbesuch: Die Patienten erkrankten 11-16 Tage, nachdem ohne antibiotische Prophylaxe eine Zahnsteinentfernung durchgeführt worden war. Zugrundeliegender Erreger war Streptococcus viridans. Bei einem Patienten kam es als Komplikation zu einem Hirnabszeß. Die Patienten mußten 42-49 Tage stationär behandelt werden. Trotz Vorlegen des Endokarditisausweises hatten sich die Zahnärzte geweigert, vor dem zahnärztlichen Eingriff Antibiotika zu verabreichen.

Folgerungen: Das Wissen der Patienten mit angeborenen Herzfehlern über die Endokarditisprophylaxe ist ausreichend, aber verbesserungsbedürftig. Noch wichtiger ist jedoch eine konsequente Aufklärungsarbeit bei den Zahnärzten, die Patienten mit angeborenen Herzfehlern betreuen. Betont werden sollte insbesondere die Notwendigkeit einer Endokarditisprophylaxe bei Zahnsteinentfernung.

Abstract:

Background and objective: Despite new guidelines on antibiotic prophylaxis to prevent bacterial endocarditis there is still confusion about the forms of dental procedures requiring antibiotic prophylaxis. Aim of this study was to determine the incidence of bacterial endocarditis following dental procedures in adults with congenital heart disease during a one-year period, and to assess connections with prophylaxis.

Patients and methods: The case notes of all adults with congenital heart disease (CHD) treated in hospital during a one year period were analyzed retrospectively to identify cases of endocarditis, and all adults with CHD admitted to hospital for other reasons than endocarditis were interviewed about their knowledge of antibiotic prophylaxis against bacterial endocarditis.

Results: Among the 456 adults with CHD 351 (78 %) knew about the need for antibiotic prophylaxis against bacterial endocarditis. Three patients developed endocarditis, in each case after a visit to the dentist. The disease started 11-16 days after dental descaling had been performed without antibiotic covering, one patient developing a brain abscess. The patients had to be treated in the hospital for 42-49 days. Despite presentation by the patient of a leaflet with recommendations for prophylaxis, the dentist refused to give antibiotics.

Conclusions: Knowledge of adults with CHD is satisfactory but can still be improved. Even more important is better training of dentists who treat patients with CHD with special emphasis on the specific procedures including dental descaling, which require antibiotic prophylaxis.

    >